So still der Wald …

Thorn, der die letzte Wache hatte, konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass der Wald Augen hatte – aber sehen und hören konnte er selbst nichts. Und als Meraid am anderen Morgen nach frischen Spuren suchte, konnte auch sie nichts finden. So erging sich die Gruppe in ihrer liebsten Beschäftigung, dem Debattieren: Sollten sie den Goblinspuren folgen oder doch lieber schauen, wo die Holzfäller zuletzt gearbeitet hatten? Sie entschieden sich für letzteres – den Spuren folgen konnten sie schließlich danach immer noch.

Um sie herum schwieg der Wald sein geradezu gespenstisches Schweigen. Wirklich, es war stiller hier, als es sein sollte! Der Kohlemeiler kohlte nicht mehr, und auch alle anderen Feuer waren verloschen. Schon seit Wochen hatte sich dort nichts mehr bewegt. Auch dort fanden sich Goblinspuren, dabei aber auch die mindestens einer mittelgroßen Gestalt – da kam ein Bugbear in den Sinn oder auch ein Hobgoblin, aber wer auch immer die Spuren hinterlassen hatte war nicht mehr zu sehen. Methodisch gingen die Gefährten weiter zur Holzfällerei: Baumstümpfe, Holz, das nicht abtransportiert worden war – es sah aus, als wäre alles stehen- und liegengelassen worden, danach die Goblins dagewesen. Und die Spuren – ob das nun Kampfspuren waren oder nicht, konnte niemand sagen.

Kerym’tals scharfe Augen und Ohren bemerkten im Wald jemanden, der sie offenbar beobachtete. Kaum dass er seine Kurzschwertern zog, verschwand der Schatten auch schon wieder. Zusammen mit Evy und ihrem Hund nahm Kerym’tal die Verfolgung auf, aber da verloren sie die Spur auch schon wieder. Also ging alles zurück zum Lager, und von da folgten sie der Goblinspur, die zum Glück ausgeprägt war wie ein Trampelpfad – es wäre auch zu ärgerlich gewesen, die letzte richtige Spur auch nur zu verlieren!

Der Wald wurde eher noch stiller. Aber es gab Spuren, dass dort zumindest einmal das Leben gebrummt hatte – so fanden sie einen plattgetrampelten Platz, an dem offenbar ein Kampf stattgefunden hatte. Auch das lag offenbar schon Wochen zurück, man konnte nicht mehr sagen, wer da gegen wen angetreten war, aber Thorn fand immerhin eine magische Pfeilspitze. Die steckte allerdings so fest in einem Baum, dass er sie nicht herausbekommen und dalassen musste. Zumindest ist die Spur, die sich entfernt, aufschlussreich: Da scheinen kleine Füße schwere Last getraben zu haben. Goblins, die Holzfäller davonschleppen?

Die Gefährten folgten den Spuren weiter – und Meraid erspähte jemanden: In einem Baum saß eine Gestalt. Ansonsten sah sie niemanden. Und statt ihren Bogen zu nehmen und die Person abzuschießen, entschied sie sich, einfach weiterzugehen. Vielleicht nicht die beste Entscheidung – denn natürlich war der Goblin im Baum nicht allein, und schon hatte er seine Kollegen über die nahenden Gefährten informiert. So kam es dann doch zum Kampf.

Evy und Kerym’tal machten ihre Bögen bereit und schossen, aber das konnten die Goblins auch, und ein Pfeil traf ausgerechnet Evys Hund, der doch noch gar nichts getan hatte. Aber kein Grund zur Sorge: Anu lebte noch, und der Schreck machte den Freunden höchsten noch ein bisschen Feuer unterm Hintern. Meraid, die beste Schützin der Gruppe, machte ihrem Namen Ehre und traf einen Goblin, der sich entfernen wollte, kritisch, bevor der seine Sippe warnen konnte, während Kerym’tal den anderen Goblin aus dem Baum schoss. Derweil versorgte Urorn auch schon den Hund.

Und dann war auch schon das allseits beliebte Leichenfleddern angesagt. Evy nahm die Pfeile und Sehne an sich, während Thorn die toten Goblins durchsuchte – und seinen Widerstsandswurf vergeigte. Auch wenn erst einmal niemand wusste, weswegen das und was das zur Folge haben sollte, verriet der Spielleiter, dass Thorn eine allergische Reaktion erleiden und am anderen Morgen mit einem fiesen Ausschlag aufwachen würde – mit empfindlichen Abzurügen auf Geschicklichkeit und Charisma. Aber das waren ohnehin nicht Thorns beste Werte, dafür durften schon so immer die anderen ran, und so machten sich die Gefährten deswegen jetzt nicht die größten aller Sorgen. Außer Thorn, natürlich.

So gingen die Gefährten weiter, und jetzt kam auch die Goblinhöhle in Sicht – gut bewacht. Statt vorwärtszustürmen schlug sich die Gruppe in die Büsche. Aus dem Versteck heraus schoss Meraid auf den rattenähnlichen Goblinhund, der prompt Initiative brüllte – und noch stand. So folgte alles, zumindest alles, was kein Goblin war, Meraids Vorbild und schoss mit mehr oder weniger Erfolg auf den Hund, aber das zähe Biest überlebte die Runde und griff die Waldläuferin an. Auch dass Kerym’tal in den Nahkampf wechselte und den Goblinhund mit seinen Kurzschwertern angriff, überlebte das Tier. Und vielleicht hätten sie sich besser auf die zweibeinigen Gegner konzentriert, denn nun schlug ein Goblin Alarm, und da war es auch schon fest egal, dass Meraid mit einem hinterhältigen Angriff die Rattentöle endlich töten konnte.

Es war zu spät. Die Goblins waren gewarnt. Und auch wenn der Eingang der Höhle jetzt nicht mehr bewacht war, saß drinnen eine nicht bekannte Anzahl Goblins und konnte sich auf den uneingeladenen Besuch vorbereiten. Evy warf leuchtende Steine ins Dunkel der Höhle, und man konnte erkennen, dass dahinter ein gemauerter Gang weiterführte. Kerym’tal lauschte und war sich sicher, dass er zehn bis fünfzehn Goblins hören konnte – oder andere kleine bis mittelgroße Wesen. Hineingehen? Eine dumme Idee, da waren sich alle einig. Draußen vor der Höhle hatten sie bessere Chancen, als in hastig vorbereitete Fallen hineinzulaufen und sich von den Goblins immer weiter in die Tiefe der Höhle locken zu lassen.

Die würden schon wieder rauskommen – und sie kamen, liefen den Gefährten direkt in die Arme. Zwei Goblins auf Reithunden, der Rest zu Fuß. Weil die Gefährten vom letzten Mal nichts gelernt hatten, ging wieder erst einmal alles auf die Hunde. Diesmal hatten sie aber mehr Glück im Kampf: Von Pfeilen getroffen, segnete zumindest einer der Goblinhunde das Zeitliche. Der andere hingegen, beziehungweise sein Reiter, griff Kerym’tal an. Zu dessen Erleichterung ging der Angriff aber daneben. So starben innerhalb kürzerer Zeit beide Goblinhunde und deren Reiter sowie ein weiterer Goblin – und das reichte aus, dass der Anführer zum Rückzug blies. Ein paar flüchtende Goblins wurden noch getötet, dann folgten die Gefährten den inzwischen ja deutlich geschwächten Goblins doch noch in die Höhle –

Und die nicht minder erschöpften Spieler beschlossen, es erst mal gut sein zu lassen und beim nächten Mal weiterzusehen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert