Wenn Thorn Gomran die Nase davon vollhatte, Telefonzentrale zu spielen zwischen Kerym’tal und Meraid (gegenwärtig im Keller des Bauernhauses) und Evy und Urorn (im Wohnzimmer), ließ er sich das zumindest nicht anmerken. Aber als ihn dann Evys Hilferuf ereilte, war er sichtbar froh, doch endlich einmal richtig gebraucht zu werden. Er warf sich eine Mage Armor an und den Expeditous Retreat, der spontan seine Bewegungsreichweite verdoppelte, und peste los.
Im Wohnzimmer gewann derweil Urorn langsam die Oberhand im Ringkampf gegen den mutmaßlichen Bauern und versuchte, ihn in den Schwitzkasten zu nehmen. Immer noch auf dem Sideboard stehend, stimmte Evy das Lied des Mutes an – selbst verzweifelt, aber aus voller Kehle, bescherte sie ihrem Kleriker-Kumpel einen stattlichen Bonus auf Angriff und Schaden, und das gleiche galt auch für den angedüst kommenden Magier. Der hatte erstmal genug Zauber gesprochen, aber dafür führte er ja auch noch seinen beachtlich großen Hammer, und den ließ er, nachdem er eruiert hatte, dass er nicht stattdessen Urorn treffen würde, ohne Rücksicht auf Verluste auf den Menschen niederrauschen und traf ihn voll im Rücken. Der Mann brach zusammen.
Urorn ergriff den fallengelassenen Holzscheit, warf ihn auf den Hund, der ihm auswich. Auch Evy nahm ihren Mut zusammen. Das improvisierte Wurfgeschoss hatte sie auf eine Idee gebracht, und so ergriff sie einen Kerzenständer, um ihn ihrerseits auf den Hund zu werfen. Sie traf. Aber wenn der Hund geglaubt hatte, dass keiner dieser ehrenwerten Helden auch nur in Betracht ziehen würde, ein unschuldiges Tier mit einer Waffe anzugreifen, hatte er seine Rechnung ohne Thorn gemacht. Mit weniger Skrupeln gesegnet, streckte er den Hund mit seinem Hammer nieder, bevor er sich um den bewusstlosen Mann kümmerte, um den zu stabilisieren, damit er die Schwelle des Todes, vor der er stand, nicht überschreiten sollte.
Das versprach, ein paar Minuten zu dauern – Zeit, die Evy und Urorn nicht mit Rumstehen verschwenden wollten. Immerhin hatten sie ja noch zwei Gefährten im Keller, und so gingen sie mal nachsehen – und standen vor der großen quietschenden Eisentür, die Meraid beim letzten Mal wieder zugezogen hatte. Dort fanden sie den zweiten Hund des Hofes, wie er winselnd an der Tür scharrte und darauf wartete, dass sie ihm jemand öffnen sollte. Entgegen ihrer Absicht, keine Tiere mit Waffen anzugreifen, versuchte Evy, sich mit ihrem Dolch an den Hund anzuschleichen, und scheitert schon am Schleichen. Urorn versuchte, den Hund einzuschüchtern – auch vergeblich. Aber dann baute sich Evy vor dem Hund auf, sprach ein beherztes »Kusch!«, und funkelte das Tier aus ihren pinken kleinen Gnomenaugen an. Schließlich geht Einschüchtern nicht auf Körpergröße, sondern auf Charisma, und davon hatte Evy eine Masse. Der Hund zog den Schwanz ein und trollte sich.
Zwei Kellerräume weiter begann Kerym’tal, das vor dem Folterknecht gerettete Opfer loszubinden. »Wo ist Rufus?«, herrschte er den Menschen ungeduldig an – worauf dieser antwortete: »Hier.« Vor Enttäuschung, dass er sich nicht für einen anderen in Not geraten Halbelfen hatte halbtot schlagen lassen, sondern tatsächlich einen Menschen gerettet, hörte Kerym’tal beinahe mit dem Entfesseln auf, besann sich dann aber doch dessen, was sich gehörte, während Meraid notdürftig die Wunden ihres Mentors verband.
Der zeigte sich aber wenig dankbar angesichts der Tatsache, dass man ihm gerade das Leben gerettet hatte. Er machte Meraid zur Minna, wieso sie ihm gefolgt war, statt sich in Sicherheit zu bringen und das Weite zu suchen. Mit ein paar verlegenen Entschuldigungen auf den Lippen machte Meraid mit der Ersten Hilfe weiter, die Rufus immerhin, wenn auch ohne ein Wort des Dankes, annahm. Derweil durchsuchte Kerym’tal die anderen Räume des Ganges nach weiteren Gefangenen und Folteropfern, fand aber nur Vorratskammern, Schlafräume, und ähnlich uninteressante Sachen.
Dann kamen auch Evy und Urorn dazu. Urorn sprach ein Leichte Wunden Heilen auf den Schwerverletzten, was dem zwar nicht seine fehlenden Finger zurückgab, aber immerhin das Gröbste wieder zusammenflickte und zusammen mit Meraids Verbänden half, dass Rufus nicht noch weiter ausbluten würde. Aber immer noch kam Rufus kein Dank über die Lippen – er fuhr Meraid nur an, wo denn seine Sachen wären, so dass die sich ganz kleinlaut auf die Suche nach seiner Tasche machte. Aber da hatte Kerym’tal genug. Er faltete Rufus zusammen für die Art, wie der Meraid behandelt hatte, die immerhin eine Truppe zusammengestellt hatte, um ihren Mentor zu retten – und wirklich, er schaffte es, Rufus ein bisschen kleinlaut zu bekommen und anzuerkennen, dass sich Meraid nicht völlig hilf- und planlos verhalten hatte.
Thorn, inzwischen mit den Sofortmaßnahmen an seinem Hammeropfer fertig, folgte den anderen in den Keller, schaffte es, den immer noch orientierungslos herumirrenden Hund wegzuschicken, und stieß zu seinen Gefährten. Da nun alle unten versammelt waren, fing Rufus an zu erzählen, was überhaupt Sache war. Nach seinem Bericht suchte Gerold von Untertann nach magischen Orten, über die er sich Informationen von Rufus erhoffte, weswegen er ihn gefangengenommen und gefoltert hatte. Und irgendwie mussten die Gefährten es doch geschafft haben, Rufus zu beeindrucken, denn er stellte ihnen ein Empfehlungsschreiben für Erian von der Pfadfindergilde aus, die immer auf der Suche nach fähigen Abenteurern war.
Aber langsam wurde es Zeit, an den Abzug zu denken. Schließlich konnten Gerold und seine Männer, die Rufus in die Irre geschickt hatte, jederzeit wieder zurückkommen, und das war sicher eine Nummer zu groß für unsere Helden. Doch als es darum ging, Rufus reisefertig zu machen, erklärte der, dass er es vorziehen würde zu sterben und seinen Wagen dem Magier Ilas Sudal zu vermachen, statt mit den Gefährten zurück nach Castow zu reiten – was der Freude, das Abenteuer erfolgreich gelöst zu haben, doch einen deutlichen Dämpfer aufsetzte. So viel Mühe für einen Mann, der überhaupt nicht gerettet werden wollte!
Doch noch nicht mal ein übellauniger Halbelf konnte Rufus noch umstimmen. »Rufus ist tot«, sprach der Mann dreimal, und dann einen rätselhaften Satz auf Celestisch: »Striata, Striate, Macht der Astrati« – woraufhin er anfing, hell zu zu leuchten, und ohne eine Spur zu hinterlassen verschwand. Magier Thorn konnte nur noch feststellen, dass es sich um einen wahrhaft mächtigen Zauber handeln musste, da war der Spuk auch schon wieder vorbei.
Bei der Untersuchung der beiden Toten – Gefängniswärter und Folterknecht – stellte sich heraus, dass sie im Tod, anders als zu Lebzeiten, vergreist waren, was immer noch nicht erklärte, warum sie auf doppelte Größe angewachsen und wieder zusammengeschrumpft waren. Außerdem trugen sie das heilige Symbol des bösen Gottes Zon-Kuthon bei sich, und es tat Kerym’tal gleich schon viel weniger leid, den Gefängniswärter getötet zu haben (der Folterknecht, das war sowieso Absicht).
Nun war es aber wirklich Zeit, vor dem Aufbruch noch schnell aufzuräumen. Meraid durchsuchte das Haus, während Urorn die junge Frau, die er gefesselt hinter dem Haus abgelegt hatte, wieder hereinholte, wo Thorn sie entfesselte und ihr auftrug, sich um den bewusstlosen Bauern zu kümmern. Beiläufig erfuhr die Fassungslose dann auch noch, dass sie zwei Leichen im Keller hatte sowie eine Folterkammer, etwas, wovon dieser Unschuldsengel überhaupt nie etwas mitbekommen hatte. Jetzt mussten die Helden aber wirklich zusehen, dass sie aufbrachen – halt, eine Sache noch: Urorn schaute noch schnell nach dem verletzten Hund. Doch auch der würde leben.
Dann, endlich, ging es zurück zum Lagerplatz und zur großartigsten Sache der Welt: Den ersten richtigen Erfahrungspunkten. Jawohl! Die Gruppe ist jetzt Level Drei. Beim nächsten Mal wird also gesteigert. Jetzt aber fällt der Vorhang. Auf zu neuen Abenteuern!